Die Firma ISFORT GmbH & Co. KG und ihre Gesellschaften setzen tosca. als zentrale Plattform aller Geschäftsprozesse ein. Die bereits sehr hohe Prozesseffizienz wird kontinuierlich optimiert. Als Werkzeug für die Identifikation von Potenzialen und der anschliessenden Überprüfung von Verbesserungen wird unter anderem die BI Plattform Tableau eingesetzt. Um allen Mitarbeitenden den Zugriff auf die wichtigsten KPIs zu ermöglichen, zeigt die Firma Isfort in Ihrem tosca. Portal eine Tableau Auswertung an. Mitarbeitende werden so ermutigt, sich mit unternehmerischen Kennzahlen auseinanderzusetzen. In Verbindung mit Ausbildung, Gamification und einer innovativen Führungskultur festigt Isfort ihren Ruf als innovativer Arbeitgeber. Die Geschäftsführerin Daniela Isfort beantwortete Fabian Baumgartner einige Fragen dazu.
Hallo Frau Isfort, wie sind Sie darauf gekommen, dass es im tosca Portal ein Dashboard mit Auswertungen zu Automatisierungsgraden, Kundenzufriedenheit und verschiedenen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen braucht?
Diese Auswertung ist nur ein Puzzleteil einer komplett neuen Führungskultur bei uns. Andere Teile davon sind z.B. der wöchentlich stattfindende Huddle (Treffen der Mitarbeitenden aus verschiedenen Bereichen) sowie die betriebswirtschaftliche Ausbildung aller Mitarbeitenden.
Wem standen diese Kennzahlen vorher zur Verfügung?
Früher standen die unternehmerischen Zahlen nur den Führungskräften zur Verfügung. Heute ist es die gesamte Belegschaft.
Was hat dieser Kommunikationskanal zu der Belegschaft für Effekte?
Der Fokus hat sich verändert. Die Mitarbeitenden beschäftigen sich automatisch mit den kritischen Kennzahlen. In Verbindung mit dem Spielstand, welcher zentraler Teil dieses Dashboards ist, werden alle Mitarbeitenden eingebunden. Beim Spiel handelt es sich um ein Werkzeug zur Kontrolle der Zielerreichung. Es wurde gemeinsam definiert, welche Daten ein Tor darstellen. So haben wir es umgesetzt, dass mit einem Blick auf den Spielstand ersichtlich ist, wie es um die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft steht. Daher werden Spielstände pro Gesellschaft dargestellt. In diesem Spiel treten nicht Teams gegeneinander an, sondern wir alle zusammen spielen das Spiel gegen die Ziele, welche auch wiederum alle gemeinsam definiert haben. Genau für solche Entscheidungen findet unser wöchentlicher Huddle statt. Ziele können dort von Vertretern aller Unternehmensbereiche definiert werden. Bei diesen Vertretern handelt es sich nicht um die Teamleiter der verschiedenen Abteilungen. Es sind alle dazu aufgerufen, sich und ihre Ideen einzubringen.
Das klingt für mich neu. Flache Hierarchien sind schon lange (besonders in Stellenausschreibungen) ein Schlagwort. So wie Sie das beschreiben, geht das bei Isfort noch viel weiter. Wie geht die Belegschaft mit dieser ungewohnten Rolle um?
Unterschiedlich, motiviert und vor allem mit einem enormen Zusammenhalt als Team. Seit wir diese Führungskultur etabliert haben, kam es nicht mehr zu der Frage «Wer ist denn hier jetzt zuständig». Alle haben ein gemeinsames Ziel und arbeiten dafür, dieses zu erreichen. Das Management eines Unternehmens fällt heutzutage viele Entscheidungen aufgrund von Daten und immer weniger nach Bauchgefühl. Jedenfalls ab einer gewissen Unternehmensgrösse. Diese Daten sehen alle Mitarbeitenden, wenn sie tosca. starten auf dem Startbildschirm. Es kommt also niemand darum herum, mindestens einen Blick darauf zu werfen. Wenn ein Grossauftrag eintrifft und aufgrund vom Volumen sichtbar wird, dass dieser Auftrag trotz der hochmodernen Logistik nicht während den 5 Arbeitstagen abgearbeitet werden kann, organisieren sich die Mitarbeitenden bereits selbst, um einen möglichen Samstagseinsatz zu planen. Keine Führungskraft hat darum gebeten. Früher gab es jeweils lange Diskussionen unter anderem mit dem Betriebsrat, ob ein Samstagseinsatz durchgeführt werden soll oder nicht. Natürlich, der Belegschaft waren die Daten, welche zu einer solchen Entscheidung führen, ja nicht bekannt.
Das geht auch in die andere Richtung. Wenn die Zahlen und somit der Spielstand sehr positiv sind, machen wir uns natürlich Gedanken zu Gehaltserhöhungen, mehr Ferientagen etc.
Insgesamt binden wir unsere Teams so mehr ein. Wir zeigen ihnen Wertschätzung und wollen allen die Möglichkeit geben, sich einzubringen. So wird aus einem reinen Arbeitsplatz ein Ort, an dem verschiedenste Menschen gemeinsam als Team Ziele erreichen.
Gab es auch negative Reaktionen
Jede Veränderung wird zuerst einmal kritisch aufgenommen. Ausserdem wurden in der Anfangszeit das Thema und die angekündigte Umsetzung von vielen nicht ernst genommen. In jedem Transformationsprozess gibt es Menschen, welche diesen nicht mittragen wollen oder können. Besonders deutlich zeigte sich das in der Stufe vom mittleren Management. Viele der Aufgaben, die vorher bei dieser Stufe waren, werden nun von den Mitarbeitenden und der Geschäftsleitung erledigt. Das Bindeglied dazwischen wird also teilweise nicht mehr benötigt. Am deutlichsten zeigt sich das in der Logistik. Wo wir vorher 3 Logistikleiter angestellt hatten, ist es heute kein einziger mehr. Dinge, wie die Urlaubsplanung, waren früher eine grosse Sache. Heute machen das die Teamleiter direkt mit ihren Teams. Im mittleren Management haben wir leider 15-20% der Angestellten verloren. Teammitglieder sind praktisch alle geblieben und natürlich auch neue dazugekommen. Insgesamt können wir bis jetzt eine äusserst positive Bilanz ziehen. Wenn wir das Commitment beziffern sollten, wurde das mindestens verdoppelt. Nicht nur gegenüber der Firma, sondern vor allem gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich heute das Arbeitsklima beobachte, würde ich jederzeit wieder so entscheiden.
Sie haben den Huddle erwähnt. Was hat es damit auf sich?
Der Huddle ist die Versammlung von Spielern im Sport in der Taktiken besprochen werden und sich gegenseitig motiviert wird. In unserem Selbstverständnis sind auch wir eine Sportmannschaft. Gemeinsam spielen macht bestimmt mehr Spass als «nur» gemeinsam zu arbeiten. Der Huddle ist genau das für uns.
Jeden Mittwoch um 08:30 sind alle Mitarbeitenden zu einem Treffen eingeladen. In der Regel schicken die jeweiligen Bereiche Vertreter. Teilweise sind es Teamleiter teilweise Mitarbeitenden mit einem konkreten Anliegen oder Informationsbedarf. Bei früheren Mitarbeiterbefragungen stellten wir fest, dass sich nicht die gesamte Belegschaft gut informiert fühlt. Um das zu ändern führten wir den Huddle ein.
Es wurde z.B. besprochen, ob wir freiwillig eine Maskenpflicht einführen wollten, noch bevor es Vorgaben dazu gab. Oder als ein Mitarbeiter leider schwer erkrankte wurde im Huddle diskutiert, wie wir damit umgehen wollen. Natürlich führt das alles zu einer angenehmen, respektvollen und auch Rücksicht nehmenden Arbeitsatmosphäre.
Sehr interessant finde ich, dass die Entscheidungen, welche wir alle Zuhause treffen jetzt auch mit zur Arbeit genommen werden. Wir alle sind doch Unternehmer. Mindestens von unserem Haushalt, unserer Familie etc. Wir kontrollieren unsere Finanzen, zahlen Miete, Steuern, Versicherungen, erstellen vielleicht sogar Budgets und beschäftigen uns mit offiziellen Dokumenten. Das können unsere Mitarbeitenden nun auch auf der Arbeit gemeinsam als Team ausleben. Natürlich braucht es dafür das richtige Umfeld. Elementar ist, dass alle die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen beurteilen können. Daher werden alle Mitarbeitenden einmal im Monat zu betriebswirtschaftlichen Themen geschult. Es ist wichtig, nicht nur Verantwortung auf das Team aufzuteilen, sondern ihm auch die Möglichkeit zu geben, sich zu entwickeln und daran zu wachsen. Es gibt kaum ein besseres Investment als das in die Ausbildung unserer Mitarbeitenden.
Eine solche Umstellung erfordert sicher sehr viel Mut vom Management?
(lacht) Allerdings! Sie können es sich so vorstellen, als würden Sie sich vor die ganze Belegschaft stellen und sich nackt ausziehen. Im übertragenen Sinne ist es genau das. Sie zeigen alles von ihrem Unternehmen und das müssen sie aushalten. Erfolgreich ist eine solche Umstellung nur dann, wenn sie davon überzeugt sind. Auch gegenüber Lieferanten und Kunden sind wir plötzlich noch viel transparenter. Im Raum, in dem der Huddle stattfindet, hängen unsere aktuellen Zahlen. Es braucht eine gewisse Sicherheit das auf sich zu nehmen und sich dadurch auch angreifbar zu machen.
Würden Sie anderen Firmen empfehlen eine solche Transformation umzusetzen?
Nein. Empfehlen kann ich das keinem Unternehmen. Das muss von innen aus tiefster Überzeugung geschehen und nicht aufgrund einer Empfehlung. Diese Entscheidung können Unternehmen nur für sich selbst beantworten. Interessierten empfehle ich das Buch «The Great Game of Business» von Jack Stack.
Vielen Dank für das inspirierende Interview.
Ich bedanke mich ebenfalls.