In einem vorherigen Artikel (Online Marketing | Actio – Reactio) haben wir beschrieben, wie das aussagekräftige Auswerten von Daten selbst dort funktioniert, wo keine typischen Kennzahlen wie eine Conversion-Rate vorliegen. Das Augenmerk wurde dabei auf die unbewusste Kommunikation vor einem möglichen Kauf gelegt. In diesem Artikel wollen wir unsere Überzeugung teilen, dass dies nicht nur im Bereich E-Commerce funktioniert. Es können an allen Customer-Touchpoints neue Daten erstellt und Aktionen aufgrund der vorliegenden Auswertungen durchgeführt werden. Ähnlich wie im Artikel Vertriebssteuerung und Marketingautomatisierung beschrieben, fungiert das ERP dabei als zentraler Datenhub. Zusätzlich dazu, kann ihr ERP die Funktion einer Customer Data Platform übernehmen. Das stellt die Voraussetzung für ein On- wie auch Offlinefähiges datengetriebenes Marketing dar.
Die Ausgangslage
Wir nehmen hier wieder das Beispiel aus dem Artikel E-Commerce mit tosca auf. Darin wurde die Customer-Journey im Webshop vom fiktiven Sportartikelausstatter TrackandField beschrieben.
Bei der Firma handelt es sich um ein Traditionsunternehmen das seinen Ursprung im klassischen Retail hat. Schon früh wurde erkannt, dass die Kombination von Ladengeschäften und einem optimierten Online-Auftritt die Umsätze ankurbeln kann, wie es nur wenigen Massnahmen gelingt. Um den Erfolg von Marketingaktivitäten zu messen, wird im Bereich E-Commerce bereits eine datenschutzfreundliche Analytics-Lösung eingesetzt. Die Herausforderung ist, dass sich Offline Kunden nicht ohne weiteres tracken lassen wie das in einem Webshop möglich ist.
Möglichkeiten
Es gibt einige Möglichkeiten wie sich Kunden in einem Ladengeschäft tracken lassen. Hier eine Auflistung welche keinen Anspruch an Vollständigkeit hat:
Lösung | Datenqualität | Datenquantität | Datenschutz* |
Visuelle AI-Technologie mit personalisierter Auswertung wie Gesichtserkennung, Erkennung demographischer Daten und Augentracking | Sehr gut | Hoch | Bedenklich* |
Visuelle AI-Technologie ohne personalisierte Auswertung wie erkennen von Hotspots, Verweildauer und Interesse an bestimmten Produkten | Gut-Sehr gut | Hoch | Unbedenklich* |
Bluetooth Beacons an versch. Orten im Ladengeschäft | Sehr gut | Mittel | Bedenklich* |
WiFi Tracking durch Abfrage der sichtbaren Geräte | Sehr gut | Mittel-Hoch | Bedenklich* |
WiFi Tracking durch kostenlosen Hotspot | Sehr gut | Niedrig-Mittel | Einverständnis kann auf Landingpage eingeholt werden -> unbedenklich* |
Anonyme Besucherzählung mit ToF/Lidar | Mittel | Hoch | Weil anonym unbedenklich* |
NFC Beacons | Mittel | Mittel | Bedenklich* |
QR-Codes NFC-Tags die mehr Informationen zu Produkten liefern | Gut-Sehr gut | Niedrig-Mittel | Unbedenklich* |
Coupons und Aktionen aus anderen Kanälen (Mailings, Social-Media etc) | Gut | Niedrig | Unbedenklich* |
Smart-Device als Digitale Beratungsplattform im Ladengeschäft | Sehr gut | Hoch | Einverständnis kann direkt auf dem Gerät eingeholt werden -> Unbedenklich* |
App mit Benefits für Kunden in Verbindung mit NFC/BLE/WiFi Beacons | Sehr gut | Hoch | Einverständnis kann eingeholt werden -> unbedenklich* |
Lösung
TrackandField hat sich für eine Kombination der verschiedenen Lösungen entschieden. Aufgrund der Pandemie musste eine Besucherzählung beim Eingang installiert werden. Die anfallenden Daten bestehend aus der Anzahl der Besucher und der Uhrzeit lassen bereits einige Auswertungen zu. So wird von der Marketingabteilung beispielsweise die Anzahl der Personen, welche sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Ladengeschäft befinden, mit den Umsätzen zu der entsprechenden Zeitspanne korreliert. Weiter wird die Frequenz auf Basis der Wochentage verglichen. Weil im Ladengeschäft bereits Überwachungskameras eingesetzt werden, wird das Videobild durch AI-Software ausgewertet. So wird beispielsweise der Besucherfluss im Ladengeschäft anonymisiert ausgewertet. Die zusätzliche Dimension macht Auswertungen noch aussagekräftiger. Es kann unter anderem kontrolliert werden, welche Plakate, Aktionen und Produkte die Kunden ansprechen und aufgrund der vorliegenden Uhrzeit können Wahrscheinlichkeiten zur Demographie der Zielgruppe gemacht werden.
Gamification
Es gibt wenige Branchen, die sich so offensichtlich für die Gamifizierung von Marketingaktivitäten eignen wie die Sportbranche. Der TrackandField AG ist das schon länger bewusst und es wurde folgende Idee umgesetzt:
Die offizielle App der TrackandField wurde konsequent mit dem Gedanken entwickelt, den Kunden einen Mehrwert zu bieten. Als Anreiz die App auch im Ladengeschäft zu nutzen, wurde ein Spiel mit dem Kunden sich einen Rabatt auf den Einkauf erspielen können in der App umgesetzt. Das funktioniert folgendermassen:
Statt wie im Sport die schnellste Rundenzeit erreichen zu wollen, wird mit jeder Minute, die sich eine Person mit geöffneter App im Geschäft befindet, durch 0.1% Rabatt belohnt. Es gibt eine Obergrenze von einer Stunde. So sind maximal 6% Rabatt möglich. Durch die App erkennen die im Ladengeschäft installierten Bluetooth-Beacons den Besucherfluss. Weiter wird zu speziellen Events (Beispielsweise dem Release eines neuen Laufschuhmodells) ein Wettbewerb gestartet, bei dem im Ladengeschäft virtuelle Preise versteckt sind. Diese lassen sich – ähnlich wie bei Pokkemon Go – durch einen einminütigen Aufenthalt vor dem entsprechenden Bluetooth-Beacon freischalten. Der Preis wird dann in der App der Person, welche diesen gefunden hat, freigeschaltet und kann an der Kasse eingelöst werden.
Durch den Mehrwert, den die App bietet, nutzen diese viele Personen und es entstehen hochwertige personalisierte Daten aufgrund derer der Erfolg von Aktivitäten gemessen und neue Aktivitäten erstellt werden können.
Die Verbindung zu tosca
Jegliche Kundendaten zu Aktivitäten aus dem Webshop sowie persönlichen Daten, welche durch die App entstanden sind, werden in tosca beim entsprechenden Kunden als Aktivität abgelegt. Wenn sich ein Kunde im Webshop oder der App einen Termin bei einem Kundenberater bucht, kann sich die beratende Person aufgrund der vorliegenden Daten vorbereiten. Wenn eine Person Laufschuhe jeweils in Grösse 44 und der Farbe Blau bestellt hat, ist ein Verkauf wahrscheinlicher, wenn genau solche Produkte dem Kunden vorgeschlagen werden. Auch das Laufprofil wird in tosca gespeichert und ist somit für Kunden wie auch für Berater an jedem Touchpoint verfügbar.
Bei einem Besuch vom Ladengeschäft wird de Kunde mittels der App durch das Ladengeschäft geführt. Es wird angezeigt, welche Artikel, die den persönlichen Präferenzen entsprechen (Sportart, Grössen, Farben etc), an Lager sind und wo sich diese befinden. Es können mehrere Artikel zur Anprobe ausgewählt werden. Diese Auswahl wird dem Kundeberater angezeigt und für den/die Kunden/Kundin bereitgestellt. Bei einem Verkauf wird das Profil des/der Kunden/Kundin aktualisiert. Wenn bisher beispielsweise Laufschuhe in der Farbe Blau gekauft wurden, es sich beim letzten Kauf aber um ein oranges Modell handelt, wird diese Farbe ebenfalls dem Profil zugeordnet und als letzte benutzte Farbe gespeichert. Beim nächsten Besuch im Webshop als angemeldeter Benutzer, wird als erstes Bekleidung, passend zu den orangefarbenen Laufschuhen angezeigt.
Zusammenfassung
Die hier beschriebenen Lösungen zeigen was möglich ist. Es lässt sich auch durch weniger Aufwand eine vollumfassende Omnichannel Marketingstrategie realisieren. Z.B. dann, wenn Offline die Priorität auf das Verwenden der Daten und weniger auf das Erstellen von neuen gesetzt wird. Das Wichtigste dabei ist, dass eine sogenannte Customer Data Platform eingesetzt wird, um keine Datensilos entstehen zu lassen. Wir verfolgen mit tosca den Weg, jegliche Daten im ERP zu halten und diese Umsystemen via REST-API zur Verfügung zu stellen. Weil sich die Daten so nicht auf Servern fremden Servern befinden, gestaltet sich die DSGVO konforme Umsetzung einfacher. Bei Systemen, die verteilter sind, steht und fällt der Nutzen durch Schnittstellen und zur Verfügung gestellter APIs.
Wir freuen uns, mit Ihnen interessante Gespräche zum Thema zu führen.
* Rechtlicher Hinweis: Die in diesem Artikel beschriebenen Lösungen haben alle Datenschutzrechtliche Relevanz. Bei einem Einsatz bedarf es immer einer Prüfung durch eine Juristische Fachperson. Die dynasoft AG übernimmt keinerlei Verantwortung für die zeitlich unbegrenzte rechtliche Gültigkeit der hier gemachten Aussagen. Ausserdem behalten wir es uns vor, allfällige Fehler was die rechtliche Situation angeht fortlaufend zu korrigieren.